5 Gründe warum Frauen* heute stinksauer sein sollten
„Lächle doch mal!“ Diese Aufforderung ist so übergriffig wie sinnlos. Vor allem Frauen hören diesen Spruch und noch nie habe ich erlebt, dass diese Aufforderung einen motivierenden oder positiven Effekt auf eine von ihnen gehabt hätte. Warum auch? Weshalb sollten Frauen* überhaupt ständig getadelt werden, wenn sie schlechte Laune haben? Wir sind weder ein Dekoelement, noch eine Art Raumerfrischer, der überall Leichtigkeit und Frohsinn versprühen muss. Im Gegenteil: eigentlich hätten Frauen* mehr als genug Gründe miesepetrig bis fuchsteufelswild zu sein. Der erste Grund wäre allein schon dieser überflüssige Lach-doch-mal-Spruch. Aber es gibt noch viele andere Dinge, die uns als Frauen* im Jahr 2019 richtig sauer machen sollten. 5 davon kannst du hier nachlesen.
Grund 1: Wir verdienen zu wenig
Stell dir vor, Männer* würden überall 21% Rabatt bekommen. Wirklich überall, also egal ob auf die Fahrradreparatur, den neuen Laptop oder den Kinobesuch. Das wäre krass unfair? Finde ich auch. So einen Rabatt gibt es natürlich im echten Leben nicht. Was es aber schon gibt, ist der Gender Pay Gap. Das ist die Lücke zwischen den Gehältern von Männern* und Frauen*. Aktuell beträgt der Lohnunterschied im Durchschnitt eben diese 21%. Ok, die Zahl berücksichtigt noch nicht die Unterschiede, die zum Beispiel die Qualifikation oder den Arbeitsumfang betreffen. Doch selbst wenn wir diese und andere Punkte in die Berechnung miteinbeziehen, bleibt ein Gender Pay Gap von 6%. Das klingt selbstverständlich schon netter als 21%, aber ist trotzdem viel zu hoch. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist leider immer noch keine Realität für viele Frauen*. Und überhaupt: warum arbeiten denn besonders Frauen* in Berufen, die schlechter bezahlt werden und warum arbeiten sie deutlich öfter in Teilzeit als ihre männlichen Kollegen? Da liegen strukturelle Ursachen zu Grunde, an denen wir etwas ändern müssen.
Grund 2: Wir sind später alt & arm
Logisch: Wer weniger Lohn bekommt, zahlt weniger in die Rentenkasse ein und hat schließlich weniger Rente im Alter. Der Gender Pay Gap (siehe Grund 1) ist also nicht nur ungerecht, wenn du im Job stehst. Er wird auch noch so richtig ätzend, wenn du in Rente gehst. Die Rentenlücke zwischen Männern* und Frauen* beträgt in Deutschland 53%! In Europa gibt es kein Land, in dem die Lücke größer ist. Der Unterschied lässt sich zum größten Teil dadurch erklären, dass Frauen* öfter in Teilzeit arbeiten, in schlechter bezahlten Branchen beschäftigt sind oder weil sie seltener Führungskräfte werden. An all diesen Gründen kann gearbeitet werden – sei es durch eine Quote oder durch bessere Betreuungsangebote.
Grund 3: Wir übernehmen den größten Teil der Care-Arbeit
Care Arbeit ist die Arbeit des Sichkümmerns. Sie beinhaltet sowohl Erwerbsarbeit, zum Beispiel im Bereich der Altenpflege oder der Kinderbetreuung, als auch die Arbeit, die im Privaten stattfindet, wie die Erziehung der eigenen Kinder oder die Pflege von Verwandten. Oftmals wird diese Art der Arbeit nicht bezahlt. In Paarbeziehungen mit Kindern übernehmen Frauen* ca. 80% der unbezahlten Care-Arbeit. Sie ist also ein wichtiger Faktor, warum Frauen* oft in Teilzeit erwerbstätig sind und damit, warum Frauen* weniger Lohn und Rente bekommen.
Grund 4: Unser Körper gehört uns nicht
Hast du gewusst, dass Abtreibungen in Deutschland nicht legal sind? Sie sind lediglich straffrei, wenn sie unter bestimmten Bedingungen erfolgen. Zum Beispiel innerhalb einer Frist von 12 Wochen. Ich finde, dass jede Frau* über ihren Körper selbstbestimmt entscheiden können sollte. Das heißt für mich auch, dass sie die Wahl haben muss, schwanger zu sein – oder eben nicht. Kaum zu glauben, dass wir im Jahr 2019 noch auf die Straße gehen müssen, damit Gynäkolog*innen auf ihren Websites darüber informieren dürfen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Lohnenswert wäre an dieser Stelle auch ein Blick auf den Ort, an dem über diese Fragen entschieden wird: den Bundestag. Nur knapp ein Drittel der Bundestagsabgeordneten sind Frauen*. Sprich: überwiegend männliche Politiker entscheiden über die Gesetze, die deinen Körper betreffen.
Grund 5: Wir fehlen in der Politik
Damit wären wir direkt bei Grund 5: es gibt zu wenige Frauen in politischen Ämtern. Vor 100 Jahren durften Frauen zum ersten Mal wählen. Das war damals alles andere als selbstverständlich und es war ein langer Kampf. Aber wir sind damit noch nicht am Ziel. Wenn die Bevölkerung ungefähr 50:50 weiblich* und männlich* ist, dann sollte dieses Verhältnis auch in den Parlamenten und auf Wahllisten zu finden sein. Dieses Ziel wird jedoch offenbar ohne verbindliche gesetzliche Vorgaben nicht erreicht. Es braucht deshalb ein Paritätsgesetz, das Parteien dazu verpflichtet beide Geschlechter zu gerechten Anteilen auf Wahllisten aufzustellen. Wenn weniger Frauen* zur Wahl stehen, ist es natürlich naheliegend, dass auch im Parlament weniger Frauen* als Männer* vertreten sind.
Jetzt bist du ganz schön schlecht gelaunt? Geht mir genauso! Das ist auch absolut berechtigt, denn Grund 1-5 erhebt keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt viele Bereiche, in denen von Gleichberechtigung der Geschlechter noch keine Rede sein kann. Den Ärger über diese Ungerechtigkeit können und sollten wir allerdings nutzen. Lasst uns aufstehen für unsere Rechte, auf die Straße gehen, unsere Stimme erheben und laut sein! Gemeinsam können wir etwas dafür tun, dass sich am Ist-Zustand etwas ändert. Zum Schluss noch mein persönlicher Gute-Laune-Tipp: mit anderen Feminist*innen zusammen für mehr Gleichberechtigung streiten. Zum Beispiel zum Frauen*kampftag am 8.März, zum Equal Pay Day am 18. März – und an allen anderen Tagen des Jahres.