Sozial-ökologische Wende statt Bremseritis

06.12.2019 | Allgemein

Meine Rede zur Halbzeitbilanz der Großen Koalition auf dem Bundesparteitag der SPD:

“Liebe GenossInnen,

Zeitgleich zu unserem Parteitag kommt in Madrid bei der COP 25 die Weltgemeinschaft zusammen, um über die Umsetzung des Pariser Klima-Abkommen zu sprechen: das Ziel, die Erdererhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen ist ambitioniert. Die bisher ergriffenen Maßnahme nicht. Mit den derzeitigen Klimaschutz-Plänen aller Vertragsunterzeichner würde die Erde auf eine katastrophale Erwärmung um 3 Grad Celsius zusteuern. Dann steht der Menschheit das Wasser buchstäblich bis zum Halse.

Wir haben im Europäischen Parlament vergangene Woche den Klimanotstand ausgerufen. Christdemokraten und Liberale sprachen daraufhin von „Panikmache“ oder „Klimahysterie“. Ich frage euch: Welche andere Wahl bleibt uns denn, als den Zustand unseres Klimas und der Umwelt als Notstand zu bezeichnen? Je stärker die Temperaturen steigen. Je mehr Arten von unserem Planeten verschwinden. Je mehr Menschen wegen klimatischer Veränderungen ihre Lebensgrundlagen verlieren. Und je mehr Menschen auf der Straße oder je mehr Studien uns aufrufen: Handelt doch endlich und setzt eure eigenen Ziele um!

Vor diesem Hintergrund guck ich dann auf Berlin, auf das Klimapaket, und muss sagen: Da liefert die Groko einfach nicht. Der Kompromiss zeigt deutlich: Eine echte sozial-ökologische Wende ist mit der CDU/CSU nicht zu machen. Und auch europäisch war Deutschland da eher bremsend. Von einem „Aufbruch für Europa“, wie im Koalitionsvertrag versprochen, ist da wenig zu spüren. Nehmen wir zum Beispiel die aktuellen Diskussionen in der EU um die Erhöhung der EU-Klimaziele für 2030 und 2050. Unter Anführung der sozialdemokratischen Fraktion hat das Europäische Parlament letzte Woche gefordert, das Ziel für Treibhausgas-Reduktionen von derzeit 40% auf 55% zu steigern, und die Erreichung der Klimaneutralität des Kontinents bis 2050 in einem europäischen Klimaschutzgesetz verbindlichen festzuschreiben.

Dazu hören wir in Brüssel von der Bundesregierung wenig – und ich weiß, das liegt nicht an dir, Svenja! Das weiß ich: Es sind die Scheuers, Klöckners und Altmaiers dieser Koalition, die sozial-ökologische Neuausrichtung in der Verkehrs, Agrar- oder Industriepolitik bremsen. Aber die Millionen junge Menschen, die sich durch die Klimakrise politisieren. Die SPD nur noch aus der Groko kennen: Die müssen das auch von uns hören! Wissen, wo wir hin wollen!

Wenn wir über mehr Investitionen im Rahmen einer „Just Transition“, sprechen, dann gibt’s das nicht für lau. Dann muss auch der finanzielle deutsche Beitrag – wie auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben – steigen. Mehr Europa dürfen wir nicht nur alle fünf Jahre rufen, sondern müssen diese Priorität deutlich machen!

Stillstand des sozialen Friedens wegen war noch nie unser Stil.Sozialdemokratische Politik heißt Veränderung wollen. Es ist möglich,ambitionierte Klimapolitik und soziale Gerechtigkeit zu verbinden. Viel mehr noch: Starke Wohlfahrtsstaaten mit robusten Sozialsystemen sind unabdingbar im Kampf gegen die Klimakrise.

Wer, wenn nicht wir kämpft für eine Klimapolitik, die sich SOWOHL um die kümmert, die Sorge haben vor dem Ende der Welt, ALS AUCH um diejenigen, die Sorgen haben vor dem Ende des Monats?

Liebe Genossinnen und Genossen,

Ich bin vor 10 Jahren in die SPD eingetreten. Und mit Blick auf die Tabellenergebnisse kann ich sagen: Ich bin kein Erfolgsfan.

Hab da neulich mal mit der Gisela Teuchert-Behnker aus Neustadt/Ostholstein drüber gesprochen. Und vielleicht denken die hier im Raum, die unter Willy Brandt eingetreten sind kurz drüber nach: Warum seid ihr eigentlich eingetreten? Weil die SPD so gute Kompromisse rausgehauen hat?

Nein, ihr seid eingetreten, weil die SPD Bock auf Zukunft gemacht hat. Sie hat mutige Ideen entwickelt. Hat da manchmal den Vogel für gezeigt bekommen. Aber den Kompass gerade gehabt und sich nicht beirren lassen. Und am Ende recht behalten. Lasst uns auf dieser Grundlage nachverhandeln. Und wenn die CDU sich weiter der Bremseritis, dem Stillstand, verschreibt? Wenn sie nicht mal drüber reden will, dass die Menschen nach fast zwei Jahren Groko in einer veränderten Welt das Recht haben, dass die Bundesregierung prüft, ob ihr Fahrplan reicht? Dann müssen wir sagen, wie es ist: Das geht nicht mit uns!