Auf der richtigen Spur? Die EU und die nachhaltigen Entwicklungsziele

15.10.2019 | Allgemein

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Heute war ich zum ersten Mal Gastgeberin einer Veranstaltung im Europäischen Parlament. Zusammen mit dem NGO-Netzwerk SDG Watch Europe diskutierten wir die Ergebnisse von zwei Studien zur Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs – Sustainable Development Goals).

Die SDGs umfassen 17 Ziele, zu deren Erfüllung bis 2030 sich alle Staaten der Vereinten Nationen im Jahr 2015 verschrieben haben. Von Bekämpfung der Armut und Ungleichheiten, über wirtschaftliche Entwicklung bis Zugang zu Justiz. Diese Ziele sollen nachhaltige Entwicklung umfassend beschreiben, als Zusammenspiel von wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und Umweltschutz. Der Bericht “Falling through the cracks. Exposing inequalities in Europe and beyond” zeigt auf, das die EU bei der Erreichung des SDG10 – Bekämpfung von Ungleichheiten – nicht voran kommt. Die Studie “Who is Paying the bill? (Negative) impacts of EU policies and practices in the world” weist eindrucksvoll auf die negativen Auswirkungen von EU-Politik auf Staaten außerhalb der EU hin.

Warum ich glaube, dass die SDGs ein guter Kompass zur Gestaltung der großen Transformationen unserer Zeit sind, und warum sich die EU-Politik ändern muss, um die SDGs umzusetzen, habe ich in meinem Grußwort erläutert:

 

„Wie können die Bedürfnisse aller Menschen im Rahmen der ökologischen Grenzen der Erde befriedigt werden?

Diese Frage wird immer dringlicher, je stärker die globalen Durchschnittstemperaturen ansteigen, je mehr Arten von unserem Planeten verschwinden, je mehr Kunststoffe die Ozeane verschmutzen und je mehr Jugendliche Woche für Woche auf die Straße gehen, um für mehr Umweltschutz zu protestieren.

Aber es sind nicht nur planetarische Grenzen, sondern auch technologische Entwicklungen, die die Arbeitswelt und unser Zusammenleben als Gesellschaft revolutionieren. Zum Beispiel Digitalisierung und Automatisierung.

Die Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert große Veränderungen in der Art und Weise, wie wir leben, arbeiten, produzieren und konsumieren.

Daher betreffen die Transformationen viele Aspekte des Lebens und es ist ein Politikansatz nötig, der gleichzeitig die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Herausforderungen angeht.

Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen und die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs – Sustainable Development Goals) bieten den Kompass, um genau dies zu tun und diese Transformationen zu lenken. Sie definieren nachhaltige Entwicklung als die Verknüpfung von Umweltschutz, wirtschaftlicher Entwicklung und sozialem Fortschritt.

Sie sind der Leitfaden, mit dem der gesellschaftliche, ökologische und technologische Wandel zu einem gerechten, sozial-ökologischen Wandel zu machen. Ein Wandel, der den sozialen Zusammenhalt stärkt. Der die europäische Wirtschaft modernisiert, das europäische Sozialmodell neu belebt und die Natur schützt. Kurz gesagt: Nachhaltigkeit gibt es nur, wenn es fair zugeht.

Wenn ich als Sozialdemokratin sprechen darf: Ich würde sagen, S-D-Gs steht für „Social Democratic Goals“.

Ambitionierte Ziele zu haben ist gut. Ambitionierte Ziele zu erreichen ist besser. Wo stehen wir dabei? Wir können uns glücklich schätzen, zivilgesellschaftliche Organisationen vor Ort zu haben, die uns berichten, was die statistischen Zahlen zur Messung des Fortschritts bei der Umsetzung der SDGs für das tägliche Leben der Menschen tatsächlich bedeuten. Die Ergebnisse der SDG Watch-Studien, sind sehr aufschlussreich.

Sie zeigen: Zuhause in Europa gelingt es uns nicht, Ungleichheiten zu beseitigen. Und jenseits der Grenzen Europas schaffen wir Ungleichheiten mit unserer Politik. Was daraus folgt: Ein Politikwechsel in der EU ist dringend nötig. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass die neue Kommission ihre Ambitionen zur Umsetzung der SDGs verschärfen wird: Der European Green Deal soll ein Markenzeichen der neuen Legislaturperiode werden, SDGs sollen sich besser im Europäischen Semester widerspiegeln, mit der Umsetzung der Europäischen Säule Sozialer Rechte wird begonnen, um nur einige Initiativen zu nennen.

Ich freue mich darauf, dies gemeinsam mit Ihnen aufmerksam und kritisch zu begleiten.“

 

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Originalrede auf Englisch:

How to meet the needs of all, within the means of the planet?

This question becomes ever more urgent, the higher global average temperatures rise, the more species disappear from our planet, the more plastics are polluting the oceans, and the more youngsters are taking to the street week after week to protest for more environmental protection.

But it’s not only planetary boundaries, but also technological developments that are revolutionising the world of work and the way we live together as a society. Think about digitalisation and automatisation, for example.

Meeting these challenges will demand great transformations in the way we live, work, produce and consume.

Thus, the transformations affect many aspects of life and an approach is needed that addresses economic, environmental and social challenges at the same time.

The United Nations’ 2030 Agenda and the Sustainable Development Goals offer a great compass to do exactly this and steer these transformations. They define sustainable development as the interlinkage of environmental protection, economic development and social progress.

They are the compass to turn the societal, environmental and technological transformations into a “just” social-ecological transition. A transition that strengthens social cohesion. That creates opportunities to modernise the EU’s economy, relaunches the European social welfare model and protects the planet. In short: It’s not sustainable if it’s not fair.

If you allow me to speak as a social democrat: I would say, S-D-Gs indeed stands for “Social Democratic Goals”.

Having ambitious goals is good. Achieving ambitious goals is better. Where do we stand with that? We can be very happy to have civil society organisations in the field that look at what statistical numbers to measure progress on SDG implementation actually mean for real people’s lives. The findings of the SDG Watch reports we are going to discuss today are eye-opening.

They show: At home, in Europe, we are failing to reduce inequalities. Beyond Europe’s borders, we are creating inequalities with our policies. The conclusion of the studies: Policy change is urgently needed in the EU. I am cautiously optimistic that we will see a stepping-up of ambition by the new Commission: The Green New Deal shall be a hallmark of the legislature, SDGs shall be better reflected in the European Semester, the European Pillar of Social Rights will see its implementation started to name but a few initiatives.

I am looking forward to monitor this closely – and critically – together with you.