Heute ist der internationale Tag der Bienen. Klingt witzig, ist aber unfassbar wichtig: denn Bienen sind für Ökosysteme und die Wirtschaft unersetzlich. Als Bestäuber tragen sie zu etwa 15 Milliarden Euro der jährlichen landwirtschaftlichen Produktion in der EU bei. Und doch steht es nicht gut um unsere Bienen: jede zehnte Bienen- und Schmetterlingsart in der EU ist vom Aussterben bedroht. Aber auch anderen Tier- und Pflanzenarten und ganzen Landschaften geht es nicht gut. Der diese Woche vorgestellte Bericht zur „Lage der Natur 2020“ hat das für Deutschland eindrücklich gezeigt: zwei Drittel aller untersuchten Tierarten sind in einem unzureichenden oder schlechten Zustand, ebenso zwei Drittel der untersuchten Lebensräume. Vor allem landwirtschaftlich genutzte Grünland-Flächen und Seen und Moore sind in schlechtem Zustand.
Da trifft es sich gut, dass die Europäische Kommission heute ihre neue EU-Artenschutzstrategie vorgestellt hat. Darin werden Maßnahmen angekündigt, mit denen der Zustand der Natur bis zum Jahr 2030 verbessert werden soll. Und ich muss sagen: diese Strategie könnte ein Meilenstein für den Naturschutz in der EU sein – wenn die nationalen Regierungen und das Europäische Parlament sie unterstützen.
Unter anderem schlägt die Kommission vor, dass 30% der Land- und Meeresfläche bis 2030 unter Naturschutz stehen sollen. Davon je ein Drittel unter besonders starkem Schutz. Neu ist, dass die Kommission ein verbindliches Ziel vorschlagen will, wieviel Prozent von Lebensräumen, die sich in schlechtem Zustand befinden, wieder auf einen guten Zustand gebracht werden müssen. Das ist besonders wichtig, da bestehende Ökosysteme den größten Schutz für Tiere und Pflanzen bieten und am meisten CO2 binden und so im Kampf gegen die Klimakrise helfen.
Die europäische Landwirtschaft ist einer der größten Treiber des Artensterbens in Europa. Besonders wichtig sind daher die Vorschläge der Kommission zur nachhaltigeren Gestaltung der europäischen Landwirtschaft, wie etwa die Schaffung von landwirtschaftlichen Brachflächen oder die Reduktion der Verwendung von Pestiziden. Allerdings ändert dies nichts an den strukturellen Schwächen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, in der Gelder hauptsächlich für die Größe landwirtschaftlicher Betriebe und nicht für das Erbringen von wichtigen Leistungen von Landwirt*innen für den Klima- und Naturschutz! Ohne eine grundlegende Reform dieser Förderpraktiken drohen die in der Strategie vorgeschlagenen Maßnahmen reine Kosmetik für den Naturschutz zu sein.
Auch sehr gut und wichtig ist das Bekenntnis der Kommission in Zukunft stärker auf die nationale Umsetzung des EU-Rechts zu pochen. Daran hat die Naturschutzpolitik der EU in der Vergangenheit zu oft gekrankt. Bei Regelverletzungen durch Mitgliedsstaaten wurde oftmals ein Auge zugedrückt.
Kurzum: Mit diesem Vorschlag zeigt die EU-Kommission, dass der Green Deal auch in der Krise gilt: höhere Ziele für Naturschutzgebiete, ein neuer Fokus auf der Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme, neue Nachhaltigkeitsverpflichtungen für die europäische Landwirtschaft sowie ein härteres Durchgreifen bei Verstößen gegen EU-Umweltrecht. Das ist ein echter Meilenstein für den Naturschutz in Europa.