Was ist auf deinem Meer los, Europa?
Es ist zwar unsere Aufgabe, aber gerecht werden wir ihr nicht. Zwischen den Jahren 2014 – Mitte 2018 starben nach UN-Angaben 16.346 Menschen auf dem Mittelmeer. Und auch immer noch ersaufen beinahe täglich Menschen vor den Küsten Europas. In unserer Öffentlichkeit ist das Thema scheinbar der Gleichgültigkeit zum Opfer gefallen. Das will ich nicht!
Und auch viele andere Europäer*innen konnten und können nicht weiter zusehen. Nachdem die italienische Regierung das nationale Seenotrettungsprogramm Mare Nostrum Ende 2014 einstellte, machten sich deshalb viele mutige Menschen Europas auf den Weg, kauften sich ein Schiff und fuhren los, um Menschen vor dem Tod zu retten. Eines dieser Schiffe war die IUVENTA.
#FreeIUVENTA – Die Kriminalisierung von ziviler Seenotrettung stoppen
Jugend Rettet e.V. ist eine Organisation aus jungen Europäer*innen. Mit ihrem eigenen Schiff „IUVENTA“ konnten sie mehr als 14.000 Menschen in akuter Seenot Hilfe leisten. Sie konnten nicht mehr zusehen, wie europäische Werte ignoriert wurden. Sie setzen sich ein, um die humanitäre Katastrophe und dem kollektiven politischen Versagen an den europäischen Außengrenzen entgegenzuwirken.
Im August 2017 wurde die IUVENTA, als erstes Schiff in der langen Reihe der Kriminalisierung von zivilen Rettungsorganisationen, präventiv beschlagnahmt. Nach der Beschlagnahmung wurde aber sowohl das Eilverfahren vor dem Regionalgericht in Trapani, als auch vor dem höchsten Berufungsgericht (Kassationsgericht in Rom) in Italien verloren – trotz fehlender Beweislage.
Möglich ist es auf Basis eines Anti-Mafia-Paragraphen, der ursprünglich eingeführt wurde, um Mafiastrukturen wirksam zu zerschlagen, indem man ihre Infrastruktur beschlagnahmt. Beweise können auch anschließend noch gesammelt werden. Das macht diesen Paragraphen in Europa einmalig und mit deutschem Recht keineswegs vergleichbar. Und auch die Begründung des Kassationsgerichts kam mehr als sechs Monate später bei Jugend Rettet e.V. an. Es war also unmöglich, bereits früher ein weiteres Verfahren anzustreben.
Zudem wird seit vergangenem Sommer gegen zehn Crewmitglieder in Italien ermittelt. Vermutlich ist auch die Weigerung zur Unterzeichnung des italienischen Verhaltenskodex eine Motivation zur Festnahme gewesen. Keine humanitäre Hilfsorganisation will diesen Kodex der italienischen Regierung unterschreiben, da er nach Prüfung des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags teilweise als völkerrechtswidrig angesehen wird.
Bis heute gab es keinen Prozess und kein Verfahren gegen die angeklagten Crewmitglieder. Eine mögliche Haftstrafe kann sich aber auf bis zu 20 Jahre belaufen. Immerhin weiß Jugend Rettet e.V. aber mittlerweile, was der Crew vorgeworfen wird. Es sind die gleichen Vorwürfe, die zur Beschlagnahmung der IUVENTA vorgebracht worden sind: Beihilfe zur illegalen Einreise und Zusammenarbeit mit Schlepperstrukturen in Libyen.
Her mit einem europäischen Seenotrettungsprogramm!
Ich will nicht nur weiter zusehen. Ich will etwas verändern. Ich will, dass Europa wieder die eigenen Werte Gleichheit, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte ernst nimmt und sie umsetzt. Dafür brauchen wir ein europäisches Seenotrettungsprogramm. Was nun viele mutige Menschen in ihre eigenen Hände genommen haben, sollte von der Europäischen Union unternommen werden.
Die militärischen Missionen von FRONTEX sind gescheitert und stellen keine Rettung für Menschen in Not dar. Die Kriminalisierung von Menschen, die solidarisch handeln, ist ein Widerspruch zu unserem Europa. Das müssen wir ändern und sichere sowie legale Einreisewege schaffen, damit nicht das Retten, sondern das Sterben beendet wird.
Jugend Rettet e.V. bereitet derzeit eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vor, um die IUVENTA zurück zu bekommen. Ansonsten können sie nur zusehen. Wie bereits viele andere Europäer*innen, stehe ich solidarisch an ihrer Seite #FreeIUVENTA