Wir stimmen heute im Europäischen Parlament über die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems kurz GEAS ab. Diese besteht aus 10 unterschiedlichen Gesetzestexten, die wir einzeln abstimmen. Ich war hierzu in den letzten Wochen etwas still, weil ich ehrlich gesagt sehr erschöpft und frustriert von den Debatten darum bin.
Ich möchte euch trotzdem erklären, worum es mir dabei geht:
Als ich vor fünf Jahren mein Mandat als Europaabgeordnete begonnen habe, hatte ich wirklich Hoffnung, dass sich in der Asylpolitik der EU grundlegend etwas ändert. Weniger Tote im Mittelmeer, sichere Seenotrettung, keine gefängnis-artigen Auffanglager wie Moria, faire und humane Asylverfahren. Die Situation der vergangenen Jahre war untragbar: systematische Menschenrechtsverletzungen an unseren Grenzen, zahlreiche Pushbacks, die oft ungeahndet blieben, Abschiebungen und zwielichtige Deals mit Staaten wie Libyen oder der Türkei.
Nun kann ich es mir nicht schönreden – Die Verbesserungen für Menschen auf der Flucht auf die ich gehofft habe, wird es nicht geben.
Als sozialdemokratische Fraktion haben wir sehr große Zugeständnisse machen müssen, um einen Kompromiss zu ermöglichen. Wir haben uns z.B. in der Asylverfahrensverordnung bis zuletzt gegen die Inhaftierung von (minderjährigen) Geflüchteten in den Grenzverfahren eingesetzt – im EU-Parlament, aber auch in der Bundesregierung. Doch die Mehrheit der Mitgliedstaaten verfolgt einen anderen Ansatz.
Ja, ein verpflichtender Solidaritätsmechanismus zur besseren Verteilung ist ein wichtiger Schritt und auch die sogenannte Screening-Verordnung ist in Ordnung, denn hier konnten wir mit einem neuen Mechanismus die Überwachung von Grundrechten stärken.
Ich würde gerne sagen, dass ich darauf vertraue, dass sich die Situation an den Außengrenzen mit dieser Reform verbessern wird. Aber das kann ich nicht. Auch dafür muss es im Politikbetrieb Platz geben. Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, der Krisenverordnung und der Asylverfahrensverordnung nicht zuzustimmen. Verstehe aber auch Kolleg*innen, die in dieser Mehrheitssituation zu einer anderen Einschätzung kommen und sagen: lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach.
Klar ist: Die Perspektive von Mehrheitsverhältnis für eine wirklich funktionierende, humane Asyl- und Migrationspolitik gibt es Europa 2024 nicht. Als Kind einer Mutter, die selbst Asyl in der EU fand und damit in Sicherheit und Frieden leben konnte, bricht es mir das Herz