Pressehintergrund: EU für Kreislaufwirtschaft Vol. 2

29.11.2022 | Allgemein

Pressehintergrund: EU für Kreislaufwirtschaft Vol. 2

Worum geht es bei dem Gesetzespaket für Kreislaufwirtschaft?

Am morgigen 30. November 2022 stellt die Europäische Kommission im Zusammenhang mit dem Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft ihr zweites Paket vor.

Darunter werden folgende Vorschläge der Kommission vorgestellt:

  • Vorschlag für eine Verordnung über den Nachweis umweltbezogener Angaben mit Hilfe des ökologischen Fußabdrucks von Produkten/Organisationen (Green Claims) ACHTUNG: Hierzu wird es, laut internen Kreisen, womöglich zu erneuten Verzögerungen kommen. 
  • Politischer Rahmen für biobasierte, biologisch abbaubare und kompostierbare Kunststoffe
  • Überarbeitung der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle

Im Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft hat sich die Europäische Kommission verpflichtet bis 2030 die Anforderungen an Verpackungen zu verschärfen und bis 2030 alle Verpackungen wiederverwendbar oder recyclebar zu machen.

Die Europäische Kommission will die derzeit geltende Verpackungsrichtlinie durch eine Verpackungsverordnung ersetzen. Das bedeutet, dass die Kommission einen harmonisierten Gesetzesvorschlag macht. Darin sollen durch Standards und Quoten einheitliche Ziele festgelegt werden, um Verpackungen nachhaltiger herzustellen sowie Verpackungsmüll zu reduzieren. Darüber hinaus möchte die Kommission Maßnahmen überprüfen, um unnötig große Verpackungen und Verpackungsabfälle zu reduzieren.

 

Warum brauchen wir ein neues Kreislaufpaket?

Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. Wir nutzen die Erde, als ob ihre natürlichen Ressourcen unendlich verfügbar wären. Das ist aber nicht der Fall. Die Ressourcen sind begrenzt und die Erde stößt an ihre Grenzen. Das derzeitige europäische Wirtschaftsmodell basiert weitgehend auf dem Wachstumsmuster „Nehmen-Herstellen-Verbrauchen-Entsorgen“. Oder einfacher gesagt, einmal benutzen und ab in die Mülltonne.

Der stetig wachsende Einsatz von Verpackungen stellt eine große Herausforderung dar.

Ein besonderes Problem dabei ist die Einwegverpackung. Egal ob im Onlineversand, im Supermarkt oder beim Take-Away-Essen, Verpackungen sind nicht aus unserem Alltag wegzudenken.

Allein die Herstellung von Verpackungen benötigt einen Großteil von neuen Rohstoffen. Gleichzeitig finden Recycling und Mehrweg in viel zu geringem Maßstab statt.

Allein 400 Millionen Tonnen Kunststoff werden jährlich weltweit produziert, der größte Teil davon aus erdölbasierten Rohstoffen. Im Jahr 2020 wurde das Verpackungsabfallaufkommen in der EU auf 177,2 kg pro Einwohner geschätzt. Diese Menge schwankte zwischen 66,0 kg pro Einwohner in Kroatien und 225,8 kg pro Einwohner in Deutschland.

Die Pandemie hat ebenfalls ihre Spuren hinterlassen und lässt die Verwendung von Einwegverpackungen boomen.

Gleichzeitig gleicht der wöchentliche Gang in den Supermarkt einem Verpackungsdschungel voller Versprechungen über deren Nachhaltigkeit, wie recyceltes Material, biologisch abbaubares Plastik, Bioplastik oder eco-Verpackung. Was damit gemeint ist, ist kaum nachvollziehbar oder vergleichbar.

Eine Überarbeitung der Verpackungsrichtlinie ist daher notwendig, um den Verpackungswahn zunächst einzudämmen. Der Vorschlag der Kommission über den Nachweis umweltbezogener Angaben soll außerdem Klarheit schaffen und irreführende Marketingstricks der Unternehmen bei Verpackungen unterbinden.

Fakten zu Verpackungsabfällen in der EU (EUROSTAT)

  • Zwischen 2009 und 2020 ist die Gesamtmenge von erzeugten Verpackungsmaterialien in der EU um 20,1 % gestiegen (13,3 Millionen Tonnen)
  • im Jahr 2009 betrug die durchschnittliche Menge an erzeugten Verpackungsabfällen pro Einwohner 149,9 kg und im Jahr 2020 177,2 kg pro Einwohner, also ein Anstieg um 27,4kg. 2019 gab es in Deutschland einen neuen Höchststand an Verpackungsabfällen (18,9 Millionen Tonnen)
  • Im Jahr 2020 sind Papier und Pappe (41,2 %), Kunststoff (19,5 %), Glas (19,1 %), Holz (15,1 %) und Metall (5,0 %) die häufigsten Arten von Verpackungsabfällen in der EU

 

Papier und Karton sind nach wie vor einer der Hauptverursacher der Waldzerstörung in der EU

  • Der Abfall von Papierverpackungen ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Ein Grund sind die Einwegverpackungen im Onlineversand und die Verpackungen von Lebensmittel-Lieferdiensten
  • Auch die Vermeidung von Plastik führt zu einem Anstieg beim Konsum von Papier & Karton
  • Papier und Karton sind einer der Hauptverursacher von Waldzerstörung in der EU und machen den größten Teil der fortwirtschaftlichen Erzeugnisse in Europa aus[1]

Der Einwegverpackung ein Ablaufdatum geben – Forderungen an die Verpackungsverordnung:

  • Wirksame Maßnahmen zur Verringerung des Verpackungsverbrauchs
  • Die Wiederverwendung von Verpackungen durch ambitionierte Quoten fördern.
  • Verpackungsdesign verpflichtend kreislauffähig gestalten
  • Eindämmung von übermäßiger Verpackung, die nicht in Relation steht mit dem verpackten Produkt
  • Robuste Bedingungen für das Recycling. Die Kommission muss Maßnahmen vorschlagen, um sicherzustellen, dass alle im Jahr 2030 auf dem Markt befindlichen Verpackungen recycelbar sind.
  • Bevorzugung des Abfallrecyclings gegenüber Verbrennung oder energetischer Verwertung
  • Hohe Recyclingquoten und hoher Recyklateinsatz
  • Europäische und internationale Normen für kompostierbare und biologisch abbaubare Kunststoffe
  • Papier statt Plastik – Alternative kann nicht die Abholzung europäischer Wälder sein
  • Neue Regeln für Abholzung und Verpackung wären ein wichtiger Schritt gegen die hohe Nachfrage nach Einwegpapier und zellstoffbasierten Produkten aus dem Verpackungssektor

 

Delara BURKHARDT, umweltpolitische Sprecherin der Europa-SPD, kommentiert:

„Jede*r EU-Bürger*in soll die Möglichkeit haben, möglichst unverpackte oder zumindest nachhaltig verpackte Produkte zu kaufen. Bislang ist es ein Privileg derer, die zufällig einen Unverpackt-laden um die Ecke oder die Zeit haben, sich das Kleingedruckte auf den Verpackungen durchzulesen. Das zweite Kreislaufpaket muss hier für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sorgen.“

„Von der Leyens Kommission darf sich von der Verpackungsindustrie nicht die Recycling-Quoten vorschreiben lassen. Ich fordere ambitionierte Mehrweg – und Recyclingquoten für die nächsten Jahre. Nur so können wir das Ziel, in der EU bis 2030 alle Verpackungen wiederverwendbar oder recyclebar zu machen, erreichen.“

„Der Griff zur Verpackung aus Papier statt aus Plastik ist verlockend, weil es nachhaltiger scheint. Das ist aber oft ein Trugschluss. Die neue Verpackungsverordnung muss verhindern, dass Alternativen zu Kunststoffverpackungen auf Kosten (europäischer) Wälder gehen.“

„Heute hat die Kommission die Chance zu beweisen, ob sie das Greenwashing der Verpackungsindustrie wirklich beenden will. Mit den richtigen Maßnahmen kann sie nicht nur den Verbraucher*innen Sicherheit am Supermarktregal geben, sondern auch der Industrie Planungs- und Investitionssicherheit bieten.“

 

[1] https://www.greenpeace.org/static/planet4-finland-stateless/2022/11/7da9b047-nordic-forest-briefing-2022-11-04.pdf