Unternehmen und Finanzmarkt endlich wegen Entwaldungsrisiken in die Pflicht nehmen!“

13.01.2022 | Allgemein

Unternehmen und Finanzmarkt endlich wegen Entwaldungsrisiken in die Pflicht nehmen!

Am 13.1.2022 erscheint zum achten Mal der „Forest 500“-Bericht der NGO Global Canopy, welcher die Anti-Entwaldungspolitiken der weltweit 350 größten Unternehmen und 150 Banken untersucht. MdEP Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten und Berichterstatterin des legislativen Eigenberichts des Europäischen Parlaments für entwaldungsfreie Lieferketten, nimmt an der Veranstaltung zur offiziellen Veröffentlichung des Berichtes teil und kommentiert die Erkenntnisse wie folgt:

„Die Zeit der freiwilligen Waldschutz-Versprechen ist vorbei. Wie viele andere Studien macht auch diese deutlich, dass freiwillige Selbstverpflichtungen von Unternehmen und Finanzinstituten zur Bekämpfung der Entwaldungsrisiken in den eigenen Lieferketten und Investitionstätigkeiten oft unvollständig und unzureichend sind. Wie der „Forest 500“-Bericht zeigt, verfügt die überwiegende Mehrheit der großen Banken über keinerlei Anti-Entwaldungspolitik. Mit den Ersparnissen von Europäer*innen finanzieren europäische Banken Aktivitäten von Unternehmen, die weltweit zur Regenwaldzerstörung beitragen. Vor dem Hintergrund ist es enttäuschend, dass die Europäische Kommission den Finanzmarkt bisher so einfach davonkommen lässt. Sie verweist lediglich auf unverbindliche Maßnahmen wie die EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen und Offenlegungspflichten, von denen allerdings keinerlei Handlungspflichten für Banken ausgehen, gegen Entwaldung in ihren Geschäftsfeldern vorzugehen. Das muss sich in den anstehenden Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament und Minister-Rat ändern.

Der „Forest 500“-Bericht zeigt außerdem, dass der Menschenrechtsschutz für zu viele Unternehmen und Banken ein blinder Fleck ist. Damit sich das ändert, muss die EU-Verordnung gegen Entwaldungsrisiken noch deutlichere Vorgaben zum Schutz international anerkannter Menschenrechte in Lieferketten machen, als dies in den derzeitigen Kommissions-Vorschlägen der Fall ist. Indigene Gemeinschaften sind die besten Hüter*innen der Regenwälder. Wo Menschenrechte und insbesondere die Besitzrechte von Indigenen gewahrt werden, ist es oft auch um den Schutz des Regenwaldes besser gestellt.“

 

Hintergrund:

Die NGO „Global Canopy“ untersucht mit ihren „Forst 500“-Berichten jährlich die Anti-Entwaldungspolitiken der 350 größten Unternehmen und 150 Banken. Die diesjährigen Forest 500-Bewertungen bestätigen den Trend der letzten acht Jahre und zeigen, dass zahlreiche Unternehmen, die Entwaldung  direkt oder indirekt verursachen, nicht genug dagegen tun:

  • Ein Drittel (117/350) der Unternehmen hat sich überhaupt nicht zum Ende der Entwaldung in ihren Lieferketten verpflichtet – ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr.
  • Während 28 Unternehmen seit dem letzten Jahr eine neue Verpflichtung zur Bekämpfung der Entwaldung veröffentlicht haben, haben nur 11 dieser Unternehmen vergleichbare Regeln für alle Rohstoffe in ihren Lieferketten, die mit Entwaldung in Verbindung stehen.
  • Viele der Unternehme, können  außerdem nicht nachweisen, wie sie diese Verpflichtungen umsetzen, insbesondere bei den Lieferketten für Soja, Rindfleisch und Leder.
  • Keines der bewerteten Unternehmen hatte einen umfassenden Ansatz für den Schutz von Menschenrechten in ihren Lieferketten.

Der Finanzsektor hinkt weiter hinter den Unternehmen her. Die im „Forest 500“-Bericht identifizierten Finanzinstitute stellen Unternehmen in waldgefährdeten Lieferketten Finanzmittel in Höhe von mehr als 5,5 Billionen US-Dollar zur Verfügung, tun aber wenig, um sicherzustellen, dass sie die Entwaldung nicht vorantreiben:

  • 93 der 150 Finanzinstitute, die am stärksten von der Entwaldung betroffen sind, verfügen über keinerlei Anti-Entwaldungspolitik, die ihre Investitionen und Kredite an Unternehmen in den wichtigsten Rohstofflieferketten mit Waldrisiko abdecken würde.
  • Die 93 Finanzinstitute ohne Anti-Entwaldungspolitik stellen den Unternehmen mit dem höchsten Entwaldungsrisiko Finanzmittel in Höhe von 2,6 Billionen US-Dollar zur Verfügung.
  •  Nur 23 der bewerteten Finanzinstitute mit einer Entwaldungspolitik berichteten über ihre Fortschritte bei der Umsetzung ihrer Politik.
  • Nur wenige Finanzinstitute erkennen die mit der Entwaldung verbundenen Menschenrechtsrisiken an.