Friedenspolitik ist das Streben nach einem harmonischen Zusammenleben ohne Krieg und Gewalt. Für mich ist das eine der wichtigsten politischen Aufgaben. Konkret bedeutet das vor allem Verständigung zwischen Völkern und Staaten: Miteinander im Austausch sein, einander kennenzulernen, den Blick schärfen und die eigene Perspektive wechseln. Das schafft die Basis für Vertrauen. Und Vertrauen ist das Fundament für dauerhaften Frieden.
Russlands Zugehörigkeit zum Ostseeraum ist ein Glücksfall
Und genau das machen wir in der Ostsee-Politik. Wir haben eine Vielzahl von Gesprächsformaten und ganz unterschiedliche Formen der Begegnung. Die Stärke des Dialogs rund um die Ostsee liegt gerade darin, dass der Austausch nicht nur zwischen Staaten, sondern auch zwischen Unternehmen, Verbänden und Privatpersonen stattfindet. Das macht diese Netzwerke besonders strapazierfähig und widerstandsfähig gegen Schocks von außen.
Es ist deshalb ein großes Glück, dass zur Ostsee nicht nur EU-Staaten, sondern auch unser großer Nachbar Russland gehören. Als auf dem Höhepunkt der Krim-Krise in 2014 und 2015 viele Gesprächskanäle abgebrochen wurden, hat der Dialog im Ostseeraum weiter funktioniert.
So lange wir reden, wird nicht geschossen
Für mich ist klar: So lange wir reden, wird nicht geschossen. Das ist das wichtigste. Im Jahr 2015 habe ich selbst an einem Dialogformat zwischen Deutschland, Ukraine, Weißrussland und Russland teilgenommen, das in St. Petersburg und Novgorod stattgefunden hat. Mit rund 30 jungen Politikerinnen und Politikern aus den vier Staaten haben wir den Krim-Konflikt diskutiert und uns gemeinsam auf eine Position geeinigt.
Wenn jährlich der Baltic Sea Future Radar mit allen Ostsee-Staaten zusammenkommt oder die Ostseeparlamentarier*innen-Konferenz tagt, ist Russland ganz selbstverständlich mit dabei. Wir haben rund um die Ostsee unsere eigene Form der Pendeldemokratie. Ich bin sicher: Solange wir uns gegenseitig kennen, haben die Scharfmacher*innen auf beiden Seiten wenig Chancen, ihr gefährliches Spiel zu gewinnen.
Gespräche jenseits der Geopolitik
Ostsee-Politik ist natürlich auch interessengeleitet. Aber sie findet zwischen Menschen und Regionen statt. Gegenüber dem Petersburger-Dialog oder dem Normandie-Format hat sie den unschätzbaren Vorteil, dass Macht- und Geopolitik nicht im Mittelpunkt stehen. Es geht nicht um Sieg oder Niederlage. Es geht darum, gemeinsam an Sachthemen zu arbeiten und geteilte Probleme zu lösen. Das ist unglaublich wertvoll und festigt die Beziehungen zwischen Ländern und Menschen. Und deshalb ist Ostsee-Politik für mich immer auch Friedenspolitik.