Meine Rede zum Schutz des Regenwaldes

19.06.2020 | Lieferketten, Umwelt

Die Regierung Bolsonaro in Brasilien schwächt Umweltbehörden, erleichtert Land-Inbesitznahme und erlässt Amnestien für Landraub. Damit befördert sie Menschenrechtsverletzungen und die Zerstörung von Regenwäldern im Amazonasgebiet. Das bringt insbesondere indigene Gemeinschaft, wie zum Beispiel die Gemeinschaft der in Isolation lebenden Ituna-Itata immer mehr in Bedrängnis. Holzfäller, Goldschürfer, Viehzüchter und Sojabarone dringen immer weiter in ihr Gebiet ein und machten es 2019 zum am meisten zerstörten indigenen Gebiet Brasiliens.

Da dürfen und müssen wir nicht tatenlos zuschauen. Denn das ist nicht nur eine brasilianische Angelegenheit. Auch der europäische Konsum von Agrarprodukten aus Brasilien trägt zur fortwährenden Zerstörung des Amazonas und der Verletzung von Menschenrechten bei. Deshalb brauchen wir ein europäisches Lieferkettengesetz für Waldrisiko-Güter.

Was wir Europäer*innen mit den Zuständen im Amazonasgebiet zu tun haben und was in so einem Gesetz stehen muss und wie das der Natur und den Ituna-Itata helfen würde, habe ich heute in meiner Rede zum Thema Landraub im Amazonasgebiet im European Parliament noch einmal deutlich gemacht.

Meinen gesamten Redetext findet ihr hier:

Liebe Kolleg*innen

tief im Norden des brasilianischen Amazonas lebt die indigene Gemeinschaft der Ituna-Itatainn selbstgewählter Isolation. Ihr Gebiet, die Terra Indigena Ituna-Itata, steht unter Schutz – theoretisch. Denn faktisch dringen immer mehr Holzfäller, Goldschürfer, Viehzüchter und Sojabarone in dieses indigene Schutzgebiet ein und machten es 2019  zum am meisten zerstörten indigenen Gebiet Brasiliens. Und verschiedene bereits erlassene oder geplante Gesetze der Regierung unter Präsident Bolsonaro zur Schwächung von Umweltbehörden, zur Erleichterung der Land-Inbesitznahme und zur Amnestie von Landraub, lassen befürchten, dass es noch schlimmer kommen wird.

Das ist eine soziale, aber auch eine riesige ökologische Katastrophe, da mit dem Amazonasregenwald die grüne Lunge der Erde, eines der artenreichsten und wichtigsten Ökosysteme der Welt im Kampf gegen den Klimawandel zerstört wird.

Aber das ist nicht nur eine brasilianische Angelegenheit. Auch Europa trägt eine Verantwortung.  Denn 10% der weltweiten Zerstörung von Wäldern ist auf die Produktion von landwirtschaftlichen Gütern – vor allem Soja, Palmöl, Fleisch, Mais, Kautschuk, Kaffee und Kakao – für den europäischen Markt zurückzuführen. Viele Unternehmen haben das erkannt und bemühen sich darum, nachhaltig Produziertes in der EU anzubieten. Aber diejenigen, die weiterhin den brasilianischen Regenwald platt machen, um die europäische Nachfrage nach Fleisch, Soja, Kaffee und Kakao zu befriedigen, profitieren davon prächtig. Dem müssen und dürfen wir nicht tatenlos zugucken. Darauf müssen wir in Europa klare politische Antworten finden!

Diese Woche habe ich meinen Berichts-Entwurf für einen EU-Rechtsrahmen zur Eindämmung und Umkehr der von der EU vorangetriebenen weltweiten Entwaldung eingereicht. Darin fordere ich, dass Unternehmen, die Soja, Palmöl, Fleisch, Mais, Kautschuk, Kaffee oder Kakao auf den europäischen Markt bringen wollen, und Finanzinstitute, die Unternehmen dabei unterstützen, viel mehr darauf achten müssen, wo ihre Produkte herkommen und unter welchen Umständen sie erzeugt wurden. Dafür braucht es verbindliche Sorgfaltspflichten. Damit verpflichten wir Unternehmen dazu, dafür zu sorgen, dass ihre Produkte nicht zur Zerstörung oder Beschädigung von Wäldern und wichtigen Ökosystemen, oder zur Verletzung von Menschenrechten beigetragen haben.

Auch die Gemeinschaft der Ituna-Itata würde davon profitieren. Von ihrem Gebiet dürften nur Agrarprodukte auf dem europäischen Markt landen, die auf Land angebaut wurden, das zuvor kein Regenwald war, und dessen landwirtschaftlicher Nutzung die Ituna-Itata zuvor freiwillig zugestimmt haben.

Die Ituna-Itata können nicht darauf bauen, dass ihre Regierung ihnen in Rechtsstreitigkeiten zur Seite steht, um gegen Landraub und Naturzerstörung vorzugehen. So geht es vielen Betroffenen, insbesondere indigenen Gemeinschaften, in Ländern mit schwachen Rechtssystemen, oder wo dies politische nicht gewollt ist – wie etwa in Brasilien.

Deshalb will ich, dass sie Zugang zu europäischen Gerichten bekommen. Wo europäische Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten nicht nachkommen, müssen sie dafür haftbar gemacht werden. Denn ein Gesetz ohne Haftung wäre nicht viel mehr als eine zahnlose Absichtserklärung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der brasilianische Regenwald und die Ituna-Itata scheinen weit weg. Aber ihr Schutz hängt maßgeblich auch von den Produkten ab, die uns in die Supermarktregale gestellt werden. Wir haben es in der Hand, die Regeln so zu ändern, dass entwaldungs- und menschenrechtsverletzungsfreie Produkte auf dem europäischen Markt die Norm sind. Packen wir’s an.