Hintergrund: EU-Verpackungsverordnung unter Lobby-Beschuss

20.11.2023 | Arbeit, Kreislaufwirtschaft, Presse

Müllreduktion, Recyclingverbesserungen, Verbraucherstärkung stehen auf der Kippe

Debatte Europäisches Parlament: 21. November, 13.00-15.00, Straßburg

Abstimmung Europäisches Parlament: 22. November, 12.00-13.00, Straßburg

Aktueller Stand & Debatte

Am Mittwoch, 22. November, 12.00-13.00 wird das Europäische Parlament in Straßburg über seine Position zur Reform der europäischen Verpackungsregeln abstimmen.

Eine Schärfung der EU-Verpackungsregeln ist dringend nötig: Der riesige Berg an Verpackungsmüll ist ein großes Problem in Europa. Jede*r Europäer*in verursacht im Durchschnitt pro Tag ein halbes Kilo Verpackungsmüll, oder 177.2 kg pro Jahr. In Deutschland sogar 225,8 kg pro Jahr. In den Jahren 2009 bis 2020 ist die Menge an Verpackungsmüll in der EU um 20% gewachsen. Außerdem landet noch viel zu viel Müll in der Verbrennungsanlage, oder auf der Deponie.

Der Kommissionsvorschlag für die Überarbeitung der europäischen Verpackungsmüll-Regeln stammt aus dem November 2022.

Als Schattenberichterstatterin für die sozialdemokratische Fraktion war es das Ziel von MdEP Delara Burkhardt (SPD), Verpackungsmüll in erster Linie zu reduzieren, das Recycling von unvermeidbaren Verpackungen zu verbessern und die Situation von Verbraucher*innen zu verbessern.

Insbesondere die Maßnahmen zur Verpackungsreduzierung stehen unter enormen Druck der Verpackungslobby, die einen Wandel hin zu mehr Mehrweg und weniger Verpackungsmaterial zu verhindern versucht. Die Sozialdemokrat*innen im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments konnten diese Lobbyismus Angriffe mit einer links-liberalen Koalition (mit Liberalen, Grünen und Linken) größtenteils abwehren und zur Verpackungsmüllreduzierung, verbessertem Recycling und Verbraucherstärkung einiges erreichen.

Im Plenum des Europäischen Parlament wackelt diese Mehrheit. Die Vorgaben für mehr Mehrweg stehen weiterhin enorm unter Beschuss. Als Folge des teils aggressiven Lobbyismus, drohen einige Aspekte aus dem Gesetzesentwurf gelöscht zu werden. Das betrifft vor allem

  • das Verbot von Wegwerfverpackungen beim Verzehr von Speisen und Getränken innerhalb großer (Schnell-)Restaurants;
  • das Verbot von Einzelverpackungen für frisches Obst und Gemüse;
  • Vorgaben, dass mehr Getränke in Mehrwegflaschen vertrieben werden müssen
  • ein gewisser Anteil von Verpackungen, die zum Transport von Waren oder im Online-Handel genutzt werden, wiederverwendbar sein müssen.

Fakten zu den Inhalten der Verordnung und den verfolgten Zielen sowie erwarteten Auswirkungen

Wir reduzieren die Verpackungsmüllberge:

Die Menge an Verpackungsmüll soll bis 2040 im Vergleich zu 2018 um 15% sinken. Dafür bietet die PPWR einige Instrumente:

mehr Mehrweg – europaweit:

Es wird erstmals europaweite Mehrwegquoten für einige Produkte geben.

  • 20% aller nicht-alkoholischen Getränke und 10% aller alkoholischen Getränke in der EU sollen ab 2030 in Mehrwegflaschen verkauft werden. Was in Deutschland schon lange gängig ist, wird nun auch in ganz Europa zur Normalität werden.
  •  im B2C-Transportbereich (vom Unternehmen zum Verbraucher) werden künftig mehr wiederverwendbare Transportverpackungen genutzt werden müssen (z.B. für den Transport von Großgeräten, oder im Online-Versandhandel),
  • auch für den Transport von Produkten zwischen Unternehmen (B2B) müssen demnächst mehr wiederverwendbare Verpackungen genutzt werden
  • leider gibt es keine Mehrheit für den Vorschlag der Kommission, dass ab 2030 20% aller To-Go-Getränke und 10% aller Takeaway-Speisen in wiederverwendbaren Behältnissen vertrieben werden müssen. MdEP Burkhardt konnte zur Schadensbegrenzung immerhin durchsetzen, dass es eine europaweite Mehrwegangebotspflicht für To-Go-Getränke gibt, nach deutschem Beispiel.

Wir drängen unnötige Wegwerfverpackungen vom Markte:

Wegwerfverpackungen, die einfach durch wiederverwendbare Alternativen ersetzt werden können, werden verboten.

  • Obst- und Gemüse unter 1 kg darf nicht mehr in Wegwerf-Plastik- oder Verbundstoffverpackungen verkauft werden.
  • In großen Gaststättenbetrieben werden Wegwerfverpackungen verboten. Bei McDonald’s und Co. wird es künftig für den Verzehr von Speisen und Getränken vor Ort nur noch wiederverwendbares Geschirr geben.
Minimierung von übergroßen Verpackungen
  • Verpackungen dürfen künftig nur noch so groß sein, wie unbedingt nötig ist, um die Sicherung und den Transport eines Produkts zu garantieren
  • Verpackungen, inklusive Versandpakete, dürfen künftig nur noch höchstens 40% Leerraum beinhalten.

Wir machen unvermeidbare Verpackungen nachhaltiger:

Verpackungen, die sich nicht vermeiden lassen, sollen besser recycelt werden. Jede Verpackung wird ab 2030 recycelbar sein müssen. Bisher mussten Verpackungen nicht unbedingt recycelbar sein, es hat gereicht, dass sie zur Verbrennung mit dem Zweck der Energieerzeugung geeignet sind. Das ist eine unfassbare Verschwendung von Ressourcen.

 Einsatz von recyceltem Material

Kunststoffverpackungen werden in Zukunft zu einem gewissen Teil aus recyceltem Material bestehen müssen. Für Einweg-PET-Flaschen gilt das jetzt schon, bald für fast alle Plastikverpackungen.

Wir stärken Verbraucher:

 besserer Verbraucherschutz

Der Umweltausschuss fordert, dass gesundheitsschädliche Chemikalien wie Bisphenol A und Ewigkeitschemikalien (PFAS) nicht länger in Verpackungen eingesetzt werden dürfen, die mit Lebensmitteln in direkten Kontakt kommen.

mehr Klarheit für Verbraucher:

Jede Verpackung soll ein Label tragen, auf dem deutlich angezeigt wird, wie und wo die Verpackung zu entsorgen ist. Mülltüten und öffentliche Mülleimer werden diese Label ebenfalls tragen, damit die Sortierung für die Verbraucher einfacher fällt.

Für weitere Informationen und Interviewanfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.

Pressekontakt: 

Roxane Eva Rosa ROTH

Leiterin Öffentlichkeitsarbeit & Social Media

MdEP Delara Burkhardt