In der Europäischen Union herrscht Frieden, und das bereits seit über 70 Jahren. Das hat zweifelsohne etwas damit zu tun, dass nach dem Schrecken des Zweiten Weltkriegs das Projekt EU ins Leben gerufen wurde. Ein Krieg gegen unsere Freund*innen und Nachbar*innen in Europa erscheint uns heute zum Glück komplett absurd. Stattdessen teilen wir eine gemeinsame Währung, sind wirtschaftlich stark vernetzt und wachsen durch Austauschprogramme enger zusammen.
Wenn wir unseren Blick dann aber von den EU-Mitgliedstaaten wegbewegen und über den Tellerrand blicken, dann wird schnell klar, dass Krieg und Gewalt im Leben vieler Menschen auch heute noch Alltag sind. Uns erreichen Bilder aus Syrien oder aus dem Jemen. Bilder von zerstörten Städten und verletzten Menschen. Der Krieg wirkt trotzdem oft weit weg. Doch er hat etwas mit uns zu tun. Europa ist für Menschen ein Zuhause geworden, die vor der Gewalt des Krieges flohen. Gleichzeitig sind es auch europäische Waffen, die für Verletzte und Tote in Krisenregionen sorgen. Die EU-Staaten zusammen genommen sind der weltweit zweitgrößte Lieferant von schweren konventionellen Waffen. Das lässt erahnen, was es für Gewinne sind, die hierbei erwirtschaftet werden. Doch an wen gehen die Rüstungsexporte? In wessen Hände gelangen die Waffen aus Europa?
Wer an wen Waffen liefern darf, dafür gibt es eigentlich klare Regeln. Seit 2008 gibt es den sogenannten „Gemeinsamen Standpunkt“ der EU. Darin stehen acht Kriterien, die darüber entscheiden, ob ein Mitgliedstaat den Export genehmigen darf oder nicht. Im Kriterium 3 steht zum Beispiel, dass keine Militärgüter in Länder geliefert werden dürfen, in denen sie bestehende Spannungen oder Konflikte auslösen oder verlängern würden. Die Voraussetzungen, auf die sich die EU-Mitgliedstaaten in diesem Standpunkt geeinigt haben, sind alles in allem sehr streng und verantwortungsbewusst. Umso erschreckender ist deshalb die aktuelle Situation. Es gibt Berichte darüber, dass Waffen aus der EU an autoritäre Regime geliefert, in Bürgerkriegen eingesetzt wurden oder in die Hände terroristischer Gruppen gerieten. Es ist moralisch verwerflich Waffen zu verkaufen, die bei der Verletzung von Menschenrechten genutzt werden, nur um hohe Profite zu erwirtschaften. Das darf so nicht weitergehen! Europa darf keine Rüstung in Diktaturen oder Krisenregionen liefern. Europa muss Frieden und nicht Waffen in die Welt exportieren. Abrüstung funktioniert nicht als abstrakte Bitte an alle anderen, da müssen wir selbst auch Verantwortung übernehmen und entsprechend handeln.
Dass die EU die richtige Akteurin ist, um dieses Problem anzugehen, kann an einem ähnlichen Beispiel gesehen werden. Auf europäischer Ebene konnte in der letzten Legislaturperiode erwirkt werden, dass Folterinstrumente weder im-, noch exportiert werden dürfen. Es sind dann die europäischen Mitgliedstaaten, die gefordert sind diese Regeln umzusetzen. Und das ist die Stelle, an der es beim Thema „Waffenexporte“ hapert. Die EU-Staaten unterscheiden sich in der Auslegung der oben angesprochenen Kriterien und liefern dann trotzdem in kritische Hände. Hier muss die EU mehr Druck machen! Das möchte ich als Abgeordnete des EU-Parlaments einfordern. Menschenrechte sind wichtiger als wirtschaftliche Profite und auf dem Spiel steht schließlich nichts Geringeres als die Möglichkeit, in Frieden zu leben!