Umweltausschuss stimmt gegen Renaturierungsgesetz
Rechte politische Kräfte haben heute im Umweltausschuss des EU-Parlaments das Gesetz zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme blockiert (Nature Restoration Law). Die Stimmgleichheit von 44 Ja- und 44 Nein-Stimmen gilt im Ergebnis als Ablehnung. Die EVP hat dabei mit rechtsnationalen Abgeordneten der EKR-Fraktion (u. a. polnische Regierungspartei PiS) und der rechtsradikalen ID-Fraktion (u. a. AfD) sowie einzelnen liberalen Abgeordneten votiert.
Die konservative EVP-Fraktion hatte unter ihrer Verhandlungsführerin Christine Schneider (CDU) kurz vor der letzten Verhandlungsrunde Ende Mai den Verhandlungstisch verlassen und angekündigt, gegen das Gesetz zu stimmen. Der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber konnte diese Linie in seiner EVP-Fraktion jedoch nur durchsetzen, weil gut ein Drittel der EVP-Abgeordneten, die eigentlich für das Renaturierungsgesetz stimmen wollten, durch fraktionslinientreue Abgeordnete ausgetauscht wurden.
Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten:
„CDU und CSU zwängen der konservativen EVP-Fraktion im Parlament einen Rechtskurs auf. Sie suchen die Nähe zu Rechtsnationalen und scheuen auch die Unterstützung durch Rechtsradikale nicht. Mit diesem Verhalten reißt die konservative Fraktion die Brandmauer nach rechts ein und kündigt ihre Unterstützung für den Europäischen Green Deal auf. Dabei geht es ihnen um eine Machtdemonstration – gegenüber anderen Fraktionen im Parlament, aber auch gegenüber der EU-Kommission. Obwohl wir in der Vergangenheit oft inhaltliche Unterschiede hatten, gelang es uns dennoch oft, pro-europäische Kompromisse finden. Doch nun nähert sich die EVP den Europafeinden immer unverblümter an und erschwert so die pro-europäische Mehrheitsfindung.
Die Vorgänge zeigen, wie zerrissen und orientierungslos die konservative EVP unter Manfred Weber geworden ist. Nur unter Androhung von Sanktionen und dem Austausch stimmberechtigter Abgeordneter konnte die EVP ihre Linie intern durchdrücken. Vor der Abstimmung im Plenum muss Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre eigene Parteienfamilie zur Vernunft bringen. Sie darf sich nicht länger von EVP-Fraktionschef Manfred Weber auf der Nase herumtanzen lassen, der mit seiner Anti-Umwelt-Rhetorik am rechten Rand auf populistischen Stimmenfang geht.
Mit ihrem Nein haben die Konservativen heute wieder einmal bewiesen, dass ihre angebliche Unterstützung für den Europäischen Green Deal nichts als leere Lippenbekenntnisse sind. Wenn es konkret wird, knicken sie vor der Agrarlobby ein. Mit Scheinargumenten und Falschaussagen über das Gesetz zur Naturwiederherstellung gaukeln CDU und CSU den europäischen Landwirten Solidarität vor. In Wirklichkeit gefährden sie aber mit ihrer Oppositionshaltung deren Zukunft. Denn es ist ganz einfach: Ohne intakte Natur gibt es keine Landwirtschaft. Das EU-Gesetz zur Naturwiederherstellung würde Landwirte besser vor Bodenerosion, Fluten und dem Aussterben von Bestäubern schützen. Die EVP gefährdet mit ihrem Nein auch die europäische Klimapolitik. Denn ohne Renaturierung werden Europas Wälder, Moore und Wiesen nicht ihre vollen Potentiale als CO2-Speicher im Kampf gegen die Klimakrise ausschöpfen können.“
Wie geht es jetzt weiter?
Das Plenum des Europäischen Parlaments muss in seiner Sitzung vom 10. bis zum 13. Juli über die Positionierung des Umweltausschusses abstimmen. Dort wird die sozialdemokratische Fraktion gegen die Empfehlung des Umweltausschusses zur Ablehnung des Renaturierungsgesetzes stimmen und das Gesetz allen Abgeordneten im Plenum zur Abstimmung vorlegen. Da im Plenum keine EVP-Abgeordneten ausgetauscht werden könnten, die beabsichtigen, gegen die Fraktionslinie zu stimmen, könnte es dort eine Mehrheit aus Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen, Linken und Abweichlern aus der EVP-Fraktion für ein EU-Naturwiederherstellungsgesetz geben.
Gibt es auch im Plenum keine Mehrheit, ginge das Parlament mit der Position in die Trilog-Verhandlungen mit dem Rat, dass es kein Renaturierungsgesetz geben soll.
MdEP Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten, zum weiteren Prozess:
„Das Renaturierungsgesetz hat noch eine Chance, und wir Sozialdemokrat*innen werden uns mit aller Entschlossenheit für einen umfassenden Naturschutz einsetzen. Auch nach Ablehung im Umweltausschuss, werden wir das Gesetz allen Abgeordneten im Plenum zur Abstimmung vorlegen. Es gibt einige konservative Parteien innerhalb der EVP-Fraktion, die mit Manfred Webers Rechtskurs nicht einverstanden sind und sachorientiert über ihr Abstimmungsverhalten entscheiden wollen. Im Rat der EU-Umweltminister*innen musste Manfred Weber bereits eine schmerzhafte Niederlage hinnehmen, da einige konservative Umweltminister dort dem Gesetz zugestimmt hatten. Dies beweist, dass Manfred Webers strategische Ausrichtung keineswegs von allen Teilen seiner Parteienfamilie geteilt wird.“