Auch für unsere Steaks brennt der Amazonas – Lieferkettengesetz muss Umweltstandards international schützen

14.07.2020 | Lieferketten, Umwelt

Heute werden die Ergebnisse der zweiten Unternehmensbefragung der Bundesregierung im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) und des Eckpunktepapiers für ein nationales Lieferkettengesetz durch die Bundesminister für Arbeit Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungszusammenarbeit Gerd Müller (CSU)  vorgestellt. Das habe ich kommentiert.

 

Worum geht es?

Es ist bereits jetzt davon auszugehen, dass weitaus weniger als 50% (laut Spiegel-Berichten) aller Unternehmen vernünftige und wirksame Maßnahmen ergreifen zum Schutz von Menschenrechten und Natur in ihren Lieferletten. Laut Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist für diesen Fall vorgesehen, dass ein Gesetzesentwurf erarbeitet wird mit verpflichtende Maßnahmen für Unternehmen. Ein erstes Eckpunktepapier für ein nationales Lieferkettengesetz wird heute von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vorgelegt werden – während Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) weiterhin gegen eine solche Regelung ist.

Die Bundesregierung überprüft im Rahmen eines Monitorings in den Jahren 2018 bis 2020, inwieweit in Deutschland ansässige Unternehmen ihrer im NAP verankerten Sorgfaltspflicht nachkommen. Für das Monitoring wird die Zielvorgabe gesetzt, dass bis 2020 mindestens die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Beschäftigten nachweislich die Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfalt angemessen in ihre Unternehmensprozesse integriert hat. Die Bundesregierung unterstützt die Unternehmen bei dieser Aufgabe. Von den insgesamt gut 7.400 Unternehmen, die im Fokus des NAP-Monitorings stehen, wurden im Jahr 2020 rund 2.200 Unternehmen bei einer Zufallsstichprobe eingeladen, einen Fragebogen auszufüllen. Um repräsentative Ergebnisse zu ermöglichen, sind mindestens 365 Antworten nötig.

Die Bundesregierung setzt sich zudem im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft für einen EU-Aktionsplan zur Stärkung der Unternehmensverantwortung in globalen Lieferketten ein, der menschenrechtliche, soziale und ökologische Standards und Transparenz fördert und den Erfahrungen der COVID-19-Pandemie Rechnung trägt. Die EU-Kommission plant darüber hinaus eine Gesetzesinitiative für 2021. Ein nationales Umsetzungsgesetz wird Deutschland dann in jedem Fall brauchen.

 

Kernelemente einer Sorgfaltspflicht sind: Unternehmen sollen in einer Grundsatzerklärung ihren Willen zur Achtung der Menschenrechte öffentlich ausdrücken, Risiken identifizieren, die Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf die Menschenrechte ermitteln, bei Bedarf Gegenmaßnahmen ergreifen, über den Umgang mit Risiken intern wie extern kommunizieren und einen effektiven Beschwerdemechanismus einrichten.

 

Meine Einschätzung:

Die heute vorgelegten Ergebnisse der zweiten Umfrage zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte zeigt einmal mehr, dass freiwillige Maßnahmen nicht ausreichen. Zu wenige Unternehmen tun etwas, um international Menschen und Natur in ihren Lieferketten zu schützen. Ein Lieferkettengesetz mit verbindlichen Sorgfaltspflichten für Unternehmen und dem Recht auf Schadensersatz für Geschädigte ist längst überfällig. Es ist unverständlich, dass Wirtschaftsminister Altmaier schon so lange auf der Bremse steht.

Auch in Schleswig-Holstein bewegt die Frage, ob mein Stück Schokolade, oder mein T-Shirt, zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden beigetragen hat, viele Menschen. Ein Lieferkettengesetz wäre auch ein riesiger Erfolg für die zahlreichen zivilgesellschaftlichen, kirchlichen und gewerkschaftlichen Organisationen in Schleswig-Holstein, die sich in der Initiative Lieferkettengesetz zusammengeschlossen haben.

 

Deswegen fordere ich:

Die CDU muss nun ihre Blockade aufgeben und den Verpflichtungen aus dem Koalitionsvertrag nachkommen und die Initiative von Arbeitsminister Heil und Entwicklungsminister Müller für ein nationales Lieferkettengesetz aufnehmen, damit die Bundesregierung mit einer Stimme sprechen kann. Das wäre gerade auch während der deutschen Ratspräsidentschaft ein wichtiges Signal an Brüssel, wo bereits seit Monaten Debatten über ein EU-Lieferkettengesetz laufen. So könnte Deutschland der europäischen Diskussion neuen Schwung geben und sich aktiv in die Debatten um ein EU-Lieferkettengesetz einbringen.

Dass sich Deutschland endlich bewegt, wird höchste Zeit. In Frankreich, den Niederlanden oder Großbritannien gibt es bereits nationale Lieferkettengesetze, und auch auf europäischer Ebene müssen Unternehmen schon Sorgfaltspflichten für die Beschaffung von Konfliktmineralien und Holz nachkommen.

Ein Lieferkettengesetz muss neben Menschenrechten auch Umweltstandards international schützen. Für die Herstellung von Futtermitteln und Fleisch auch für Steaks, die auf deutschen Grills landen, werden Regenwälder zur Gewinnung neuer Anbau- und Weideflächen abgebrannt. Das muss ein Ende haben. Ein Lieferkettengesetz muss Importeure dazu verpflichten, dafür zu sorgen, dass ihre Agrarprodukte nicht von solchen Flächen stammen. Die Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass sie nicht unwissentlich Fleisch, Kaffee, oder Schokolade kaufen, die zur Zerstörung von Regenwäldern, zu Kinderarbeit und unrechtmäßigen Enteignungen beigetragen haben.