Trotz großer Proteste und dem anfänglichen Veto von Orbán und Kaczynski, die versucht hatten, die anderen EU-Regierungen unter Druck zu setzten. Beide nutzen die zahnlose Erklärung des Rates in den heimischen Medien dazu zu suggerieren, dass sie wieder einmal die EU in die Tasche gesteckt hätten. Das stimmt aber nicht und dieses Narrativ sollten wir nicht übernehmen. Gemeinsam haben sich die EU-Institutionen auf den „Rechsstaatskonditionalitätsmechanismus“ geeinigt. Dieser setzte den Grundstein dafür, dass EU-Gelder in Zukunft stärker mit der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit verknüpft sein werden. Ziel ist es, dass die Kommission im Falle von Verstößen gegen grundlegende Rechtsstaatsprinzipien oder bereits bei der Gefahr solcher Verstöße, EU-Gelder reduzieren oder einfrieren kann. Besonders wichtig sind vier Erfolge des Verhandlungsteams des Europäischen Parlaments:
- Eine stärkere Definition von Rechtsstaatlichkeit und ein stärkerer Bezug auf die Grundrechte der Union, wie Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Achtung der Menschenwürde.
- Der Mechanismus kann bereits dann ausgelöst werden, wenn eine Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit beobachtet wird.
- Endbegünstigte, also z.B zivilgesellschaftliche Organisationen die EU-Mittel erhalten, sind geschützt, da die Staaten weiterhin zur Auszahlung der zugesagten Fördergelder verpflichtet bleiben.
- Der nun beschlossene Text ist eine Verordnung, also ein verbindlicher Rechtsakt. Auch wenn der Rat noch zusätzliche Erklärungen als Trostpflaster für die polnische und ungarische Regierung abgegeben hat, ändert dies nichts am eigentlichen Mechanismus.
Die Staats- und Regierungschefs haben sich zudem auf einen jährlichen Rechtsstaatscheck aller Mitgliedsstaaten geeinigt. Damit die neue Regelung zum Einsatz kommt, muss der Europäische Gerichtshof (EUGH) zunächst den Mechanismus auf seine Konformität mit EU-Recht prüfen. Vergangene Rechtsstaatsverstöße können natürlich nicht mit diesem Instrument bewertet werden. Der EUGH wird ab dem 1. Januar 2021 in einem Eilverfahren das Instrument überprüfen.
Im Parlament werden wir dafür sorgen, dass diese Überprüfung höchste Priorität bekommt. Mir ist bewusst, dass der neue Mechanismus nicht alle Probleme der EU löst. Aber es ist ein neues Instrument! Wir sollten Orbán und Co keinen Gefallen tun und es runterreden. Der Rechtsstaatsmechanismus ist FAKT. Die EU kann nun bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit EU-Haushaltsmittel kürzen oder einfrieren. Einige beurteilen das als „stumpfes Schwert“. Das stimmt aber nicht. Es verfehlt nur dann seine Wirkung, wenn die Kommission, als Hüterin der Verträge dieses Instrument nicht einsetzt. Daran werden wir Frau von der Leyen hartnäckig erinnern. Notfalls mit einem Boykott der Abstimmungen über zukünftige Haushaltsentscheidungen.
Mehr zu dem Thema in meinem Youtubevideo.