„Whatever it takes – was auch immer nötig ist“ – mit diesen Worten beruhigte der damalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, die dramatische Situation in der Eurokrise. „Whatever it takes“ und nicht „my nation first“ muss jetzt in der Corona-Krise, in der die Gesundheit und Leben von tausenden von Menschen auf dem Spiel stehen, erst recht gelten.
Es ist gut, dass die europäischen Institutionen in der letzten Woche schon den Weg dafür freigemacht haben, dass EU-Mitgliedsstaaten Gelder aus dem europäischen Haushalt schneller für Investitionen in ihre Gesundheitssysteme und die Erhaltung von Jobs abrufen können und dass die europäischen Schuldenregeln vorübergehend ausgesetzt wurden. Aber da muss noch mehr gehen. Wir müssen alles unternehmen, damit die Coronakrise nicht in eine neue Eurokrise führt.
Deshalb fordern wir SozialdemokratInnen, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) den besonders betroffenen Staaten zur Seite springt, ohne große Auflagen. Der ESM wurde im Zuge der Eurokrise gegründet. In ihm hinterlegen die EU-Mitgliedsstaaten bis zu 410 Milliarden Euro. Dieses Geld kann an Staaten, die in Finanzkrisen geraten, ausgezahlt werden. Dafür müssen diese Staaten dann strenge Auflagen, zum Beispiel Sparmaßnahmen und Strukturreformen im Arbeitsmarkt, erfüllen. Wir wollen, dass diese sogenannte Konditionalität in der derzeitigen Notsituation ausgesetzt wird.
Wir müssen aber noch weiter gehen. Europa wird nur heil aus der Krise kommen, wenn es zusammenhält und solidarisch agiert. Nur wenn wir europäisch und solidarisch agieren, können wir dem drohenden Einbruch ganzer Volkswirtschaften begegnen und sozial- wie gesundheitspolitische Katastrophen verhindern. Dafür brauchen wir auch neue Instrumente, wie Eurobonds, gemeinsame langfristige Anleihen aller Euro-Staaten, um Staaten zu stützen, die im Zuge der Corona-Krise in Finanznot geraten. Dadurch, dass alle EU-Staaten, also auch jene mit großer Kreditwürdigkeit, gemeinsam Schulden aufnehmen, würden so ein Instrument den betroffenen Staaten günstig Geld zur Verfügung stellen können, da sie mit geringeren Risikoaufschlägen versehen werden. Die Konservativen und einige Regierungen müssen hier endlich ihre ideologischen Scheuklappen ablegen.
Die Bekämpfung des Virus und die Gesundheit der Bevölkerung stehen jetzt klar im Vordergrund. Danach brauchen wir für die Wirtschaft Europas ein Wiederaufbau-Programm.
Dabei dürfen wir die Arbeit an anderen dringenden Menschheitsherausforderungen, wie der Bekämpfung der Klimakrise, nicht aus dem Auge verlieren oder vertagen. Nichthandeln jetzt wird uns mittel- bis langfristig ökonomisch, sozial und aus Umweltperspektive teuer zu stehen kommen.
Deshalb muss der European Green Deal das Herz des europäischen Wiederaufbauprogramms sein, um die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen, die die Wirtschaft nicht weiter im fossilen Zeitalter einsperren.